
Erinnert Ihr Euch an die gestohlenen Weihnachtspakete Anfang des Jahres in Sombor? Die Hilfsorganisation „humedica“ aus Deutschland hat in den vergangenen Monaten Aufklärungsarbeit geleistet und einen Ermittler nach Sombor geschickt. Denn: So etwas soll sich nicht wiederholen.
Es soll eine Geste der Mitmenschlichkeit sein: Jahr für Jahr sammeln christliche Organisationen in Deutschland Weihnachtspäckchen für notleidende Kinder auf dem Balkan. Kinder und Eltern in Deutschland packen die „Geschenke mit Herz“ in einen Schuhkarton. „humedica“ und andere Organisationen transportieren sie u. a. nach Serbien und verteilen sie zusammen mit Partnern an Kinder.
Große Aufregung um den Fall
Anfang des Jahres dann der PR-Gau: Am Stadtrand von Sombor waren rund 50 leere Geschenkkartons gefunden worden (Link zum Beitrag HIER). Der Inhalt fehlte. Die handgeschriebenen Grüße der Kinder aus Deutschland an ihre Alterskameraden in Serbien flogen am Straßenrand umher.
Der Sombor Blog war im Januar das erste Medium, das über den Fall berichtete. Der Diebstahl der Weihnachtspakete wurde von fast allen Medien in Serbien aufgegriffen. Die Empörung im Land war groß.

Sofort versuchten auch die betroffenen Organisationen in Deutschland herauszufinden was schiefgelaufen war. „humedica“ aus Kaufbeuren in Bayern schickte dazu einen Mitarbeiter nach Serbien. Alastair Scott konnte auch mit dem Beschuldigten, dem Leiter einer kleinen christlichen Gemeinschaft in Sombor, sprechen
Humedica-Pressesprecher Steffen Richter fasst auf Nachfrage von Sombor Blog die Ergebnisse zusammen: „Es war wohl mehr Verzweiflung und große Naivität als Verbrechen.“ Für die Unterschlagung der rund 50 Pakete sei ein Mann in Sombor verantwortlich, der laienhaft eine kleine Gruppe von Christen leitet, die sich zum Bibel lesen und anderen Unternehmungen treffe. Es handele sich aber nicht um den Pastor einer Freikirche.
Kein Geld fürs Benzin
Der Mann in Sombor habe die Päckchen von der Partnerorganisation TABITA in Novi Sad erhalten, die im Auftrag von „humedica“ die Päckchen in Serbien verteilt.
Der Mann hatte rund 300 Päckchen von insgesamt 5000 Päckchen bekommen, die nach Novi Sad geliefert worden waren. Er sollte sie im Auftrag von TABITA in der Region Sombor an bedürftige Kinder verteilen.
Der Hilfsorganisation „humedica“ ist wichtig: „Der allergrößte Teil der Weihnachtspakete wurde ordnungsgemäß übergeben“, sagt Steffen Richter.
Für die Verteilung in und um Sombor hatte der Mann, der, so Steffen Richter, in ärmlichen Verhältnissen lebt, Fahrtkosten, die nicht gedeckt waren. In der finanziellen Not und mit dem Ziel, seinen Auftrag auszuführen, verkaufte er den Inhalt von rund 50 Päckchen auf dem Markt in Sombor, um mit dem Geld das Benzin führ die Fahrten bezahlen zu können. Es ging, so ist Richter überzeugt, zu keinem Zeitpunkt um eine persönliche Bereicherung.
Diese Erklärung und auch die persönliche Begegnung mit dem Beschuldigten in Sombor lassen „humedica“ zu folgendem Schluss kommen: „Es handelt sich nicht um den heimtückischen, vorsätzlichen Diebstahl eines skrupellosen Verbrechers, sondern tendenziell eher um eine Verzweiflungstat, die von großer Naivität begleitet und auch motiviert war.“
„humedica“ kündigt serbischem Partner
Der Mann in Sombor habe glaubhaft versichert, dass ihm nicht bewusst war, mit diesem Vorgehen etwas auch im juristischen oder moralischen Sinne Unrechtes zu tun. „Dies mag für mitteleuropäische Ohren seltsam klingen, die ausgeprägte Naivität und schwierigen Verhältnisse des Mannes verstärken seine Aussagen aber“, beschreibt Steffen Richter die Recherchen seines Kollegen Alastair Scott vor Ort in Sombor.

Für „humedica“ ist es nun wichtig, die richtigen Konsequenzen aus dem Vorfall zu ziehen. Zwar sind nur 50 von 5000 Päckchen nicht bei den richtigen Empfängern angekommen, diese haben aber zu einem großen Imageschaden und Vertrauensverlust geführt. Schließlich steht „humedica“ bei den Kindern und Eltern in Deutschland dafür gerade, dass die liebevoll gepackten Pakete auch bei den Kindern in Serbien ankommen.
Steffen Richter: „Wir haben die Zusammenarbeit mit der serbischen Partnerorganisation TABITA beendet, da die Organisation ihrer vertraglich versicherten Aufsichtspflicht nicht nachgekommen ist.“
Weihnachtspakete mit App verfolgen
„humedica“ will zukünftig auch Geld zur Verfügung stellen, um die Kosten der Verteilung vor Ort zu decken. Bisher war die Aktion auch bei den Kosten arbeitsteilig gelaufen: „humedica“ sammelt die Päckchen in Deutschland und liefert sie nach Serbien. Hier kümmern sich lokale humanitäre Organisationen um die Verteilung. Dass hierfür nicht genügend Geld für die Fahrtkosten zur Verfügung stand, war offenbar der Auslöser für die Tat in Sombor.

Zudem will die Organisation die Überwachung aus Deutschland verstärken und Verträge mit lokalen Partnern in den Empfängerländern anpassen.
Aber auch moderne Technik soll zum Einsatz kommen. Im vergangenen Jahr wurde bereits eine App getestet: Das Päckchen bekommt einen Tracking-Code mit dem der Spender und die Organisation den Weg verfolgen können. Die Spender bekommen Push-Nachrichten über den Verlauf aufs Handy geschickt. Die letzte Status-Meldung ist ein Foto mit ihrem Päckchen in den Händen des beschenkten Kindes. Richter: „Diese App wurde bereits 2016 getestet und hat, abgesehen von kleineren Softwarefehlern reibungslos funktioniert.
Vertrauen zurückgewinnen
„humedica“ hofft, verlorenes Vertrauen wieder herstellen zu können. Die Änderungen sollen schon bei der nächsten Aktion, die vor Weihnachten startet, greifen.
Trotz der Enttäuschung über den Fall in Sombor ist es Steffen Richter wichtig, das Ziel der Aktion im Auge zu behalten: „Viele Kinder auf dieser Welt leben in Armut und haben noch nie ein Weihnachtsgeschenk in den Händen gehalten. Die persönlichen Geschenke von anderen Kindern zaubern ein Lächeln auf das Gesicht dieser kleinen Mädchen und Jungen. Darum geht es. Und darum hoffen wir auch weiter auf die Unterstützung aller, die bisher an der Aktion beteiligt waren.“
Karte: Hier lagen die leeren Weihnachtspakete
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