
Weihnachten ist eine schöne Zeit in Sombor. Da die Festtage in der Katholischen und Orthodoxen Kirche rund zwei Wochen auseinander liegen, erstreckt sich das Weihnachtsgefühl über fast einen Monat. Größtes Ereignis ist neben der katholischen Weihnachtsmesse am 24. Dezember das „Badnjak“-Feuer, das traditionell am Nachmittag des 6. Januar, dem orthodoxen Heiligen Abend, mit rund 1000 Menschen in der Fußgängerzone von Sombor stattfindet. Wir werden uns später mitten hinein begeben.
Der erste Weihnachtsflair zieht schon Anfang Dezember in die Stadt ein. Dann bauen die Händler auf dem Dreifaltigkeitsplatz vor dem Stadthaus ihre Stände auf. Bei teils eisigen Temperaturen werden sie bis Anfang Januar ausharren. An ihren Tischen blinkt und glitzert es überall. Die neusten Kreationen aus den Fabriken Chinas sind im Angebot. Die Kundschaft mag es bunt und knallig.
Nur ein paar Schritte weiter findet täglich der große Markt statt. Er bietet alles, was in der Vojvodina angebaut und gezüchtet wird – oder im kleinen Grenzverkehr aus Kroatien und Ungarn kommt. Die Stände umschließen die Markthalle mit Milch- und Fleischprodukten von drei Seiten. Auch hier kündet das Angebot vom nahenden Weihnachtsfest.

Wo im Sommer knackiges Gemüse dominiert, dort sticht jetzt das helle Grün des frischen Weizens ins Auge. Die Weizenkörner keimen in einer Schale und sind zu Weihnachten das grüne Symbol für neues Leben. Oft ist es Brauch, in der Schale am Heiligen Abend eine Kerze zu entzünden. Für mehr nationales Pathos kann der Weizen noch eine Banderole in den Landesfarben bekommen. Im Kontrast dazu stehen die braunen Blätter der Eichenzweige, die jetzt ebenfalls auf dem Markt angeboten werden. Die Nachfrage ist groß, denn die Eiche spielt eine wichtige Rolle im Weihnachtsgeschehen. Und: In der fast baumlosen Batschka, dem nordwestlichen Teil der Vojvodina, ist es nicht so einfach, Eichenzweige aufzutreiben.
Der „Badnjak“ steht symbolisch für das Holz, welches die Hirten Josef zur Geburt Christi brachten und das er anzündete, um die Scheune zu erwärmen. Badnjak“ steht ebenso für das Holz, auf dem Jesu gekreuzigt wurde. Zusammen mit etwas Stroh werden die Eichenzweige ins Haus gebracht und im Ofen – sofern vorhanden – verbrannt.
Wer es traditionell pflegt, der geht vor Tagesanbruch hinaus in den Wald, um Äste zu schneiden oder eine junge Eiche zu fällen. Da das in Sombor mangels Wald in nicht so einfach ist, greifen viele beim Angebot auf dem Markt zu. Dort bieten Händler kleine Sträuße aus Eichenzweigen und Stroh an.
Gute Geschäfte mit Eichenzweigen
Miloš verkauft seinen „Badnjak“ in der kleinen zugigen Verbindungsstraße zwischen Markt und Fußgängerzone. 150 Dinar möchte er für den Strauß haben, was etwa 1,20 Euro entspricht. Um ihn herum gesellt sich noch ein Dutzend weiterer „Badnjak“-Verkäufer, die sich in der Weihnachtszeit ein kleines Zubrot verdienen. Einer hat Lautsprecher aufgebaut und beschallt das vorweihnachtliche Treiben mit serbischer Volksmusik. Alle frieren. Es sind etwa 10 Grad minus. Bis zum Nachmittag des Heiligen Tages, dem „Badnji dan“ werden die Stände leer sein.
Als die Wintersonne schon hinter den Häusern verschwindet, füllt sich der Platz vor der orthodoxen Kirche des heiligen Georg in der Fußgängerzone. Es ist der 6. Januar, wir sind früh gekommen, um einen Platz in der vorderen Reihe zu ergattern. Es wird wie immer voll werden.
Am Mittag vor dem „Badnjak“-Feuer begibt sich der orthodoxe Priester mit seiner Gefolgschaft in einer Kutsche und begleitet von Reitern hinaus an den Stadtrand, um eine junge Eiche für das Feuer zu fällen. Ob die Suche nach der letzten Eiche diesmal besonders beschwerlich war, wissen wir nicht. Jedenfalls lassen der Priester und seine Entourage die Gläubigen vor der Kirche lange warten.
Die Holzscheite auf dem Feuer müssen mehrmals nachgelegt werden, damit es nicht erlischt. Der Kirchenkinderchor auf der kleinen Bühne schmetterte ein Lied nach dem anderen durch die Lautsprecher, um die Schar zu unterhalten. Die Diakone und Gehilfen werden sichtlich nervös, denn auch nach einer Stunde Warten sind weder Priester noch Eiche in Sicht.
Hochwürden lässt lange auf sich warten
Der Platz um das Feuer ist mit Absperrgittern abgegrenzt, damit es später in der heißen Phase kein allzu großes Gedränge gibt. Zwischen Gitter und Feuer liegen auf Tischen viele kleine Eichenzweige, die der Priester später segnen wird und die an die Gläubigen verteilt werden.
Da Hochwürden noch auf sich warten lässt, kommt eine zunehmende Unruhe im Publikum auf. Die erste Reihe wird durch das Feuer gewärmt, weiter hinten schleicht die Kälte so langsam durch die Kleider. Kinder quengeln, müssen mit Popcorn oder Heliumballons ruhiggestellt werden.
Dann endlich, mit über einer Stunde Verspätung kommt zwischen Kirche und Feuerstelle Bewegung in die Masse: Der Priester bahnt sich einen Weg durch die Menschen, ihm folgen würdevoll die Träger des Eichen-Bäumchens.
Doch zwischen dem Verbrennen des „Badnjak“ und dem Segen steht noch die Liturgie auf der Bühne. Trotz Verspätung muss alles seine religiöse Ordnung haben. Der Kinderchor ist inzwischen erlöst.
Manch einer in der Reihe vor uns will wohl nicht mehr warten. Und so versuchen etliche Besucher schon an die kleinen Eichen-Sträuße zu kommen, die auf den Tischen liegen – Segen hin oder her.
Das bleibt auch den Geistlichen auf der Bühne nicht verborgen, die das Treiben mit strengen Blicken strafen. Doch davon lassen sich die wenigsten einschüchtern und so muss ein Diakon härtere Mitteln der Disziplinierung anwenden. Der resolute Mann greift zum Aspergill, dem Weihwasserwedel, mit dem der Priester das Weihwasser versprengt und den Segen erteilt, und schleudert eine feuchte Ermahnung in die Reihe vor uns. Das hilft zumindest ein wenig und wir fühlten uns auch irgendwie gesegnet.
Tumultartige Szenen beim Kampf um die Zweige
Dann der Höhepunkt, auf den alle so lange gewartet haben: der Segen für die junge Eiche und die vielen kleinen Zweige. Die Eiche wird anschließend zusammen mit ein paar Stämmen auf die Glut geworfen und symbolisiert das Feuer, das den Stall bei Jesu Geburt wärmte.
Tumultartige Szenen gibt es beim Verteilen der gesegneten Zweige an die wartende Menge. Von hinten schiebt alles nach vorne. Helfer werfen Zweige in die Masse. Kinder werden zum Fangen hochgehalten oder vorne übers Gitter gehoben, um noch einen Ast von der Eiche auf dem Feuer abzubrechen. Hier wirkt der Segen vermutlich besonders gut.
Wem das alles zu stressig ist und wer auch nicht morgens vor Sonnenaufgang nach Eichenzweige suchen will, dem hilft der örtliche Supermarkt. Dort gibt es Tütchen mit kleinen Eichenzweigen und Stroh. Laut Etikett alles gesegnet. Garantiert.
Sretan Badnji dan! Frohe Weihnachten!
Fotos vom Weihnachtsfeuer in Sombor
Die ersten Fotos stammen von 2013, da ich dort eine bessere Fotoposition hatte. Die letzten vier sind wie die im Text aus diesem Jahr.
Karte: Hier findet das Weihnachtsfeuer statt
Bezahlung durch Anerkennung und Teilen: Euch gefällt dieser Beitrag? Dann teilt ihn bitte in den sozialen Medien – und folgt dem Sombor Blog auch auf Twitter und/oder unserer Facebookseite! Danke!
Neu: Unsere Fotos aus Sombor und der Umgebung findet Ihr auch auf Instagram.
Newsletter: Du möchtest immer über neue Blog-Beiträge informiert sein? Und auch das Eine oder Andere rund um den Blog zusätzlich erfahren? Nichts leichter als das: Hier kannst Du den kostenlosen SOMBOR BLOG NEWSLETTER abonnieren.
Schreibe einen Kommentar