
Martin Zeise (57) aus Berlin ist Radfahrer, Elektro-Ingenieur, Balkan-Fan und ein Sombor-Blog-Follower der ersten Stunde. Ende September/Anfang Oktober war er wieder mit dem Rad in Serbien unterwegs – diesmal von Subotica in Richtung Süden. Und natürlich hat er auch in Sombor Station gemacht. Wir haben bei serbischem Essen und ein oder zwei Bier im Restaurant „Fijaker“ über seine Serbien-Erfahrungen und Eindrücke aus Sombor gesprochen.
Martin, wer Dir auf Deinen Social-Media-Accounts folgt, sieht, dass Du immer mal wieder auf dem Balkan unterwegs bist, die Nachrichten hier verfolgst und auch mit der Sprache gut klarkommst. Wann und wo hast Du Dich mit dem Balkan-Virus infiziert?
Martin: Mit dem West-Balkan bin ich nunmehr schon 33 Jahre verbunden. Mein erster Besuch war ein studentischer Arbeitseinsatz in Niš und Umgebung. Ich war Stundet in Ilmenau in Thüringen (damals DDR) und die Hochschule pflegte den Kontakt ins befreundete sozialistische Ausland. Ich organisierte den Gegenbesuch und so kam ich auch langsam mit der Sprache in Kontakt. Während der Balkan-Kriege war ich beruflich in Tuzla, um als Projektleiter eine Turbine im dortigen Kraftwerk zu reparieren. Mit den Jahren ist das Interesse an der Region stetig gewachsen. Dabei haben sich auch einige Freundschaften entwickelt. Ab 2004 habe ich mich zudem bei Wikipedia engagiert und deutschsprachige Beiträge zum Beispiel über Novi Sad verfasst.
Uff, satt. Forelle mit Kartoffelsalat im Restaurant in der Fußgängerzone von #Sombor für 3,30 EUR. Unglaublich.
— Martin Zeise (@Mazbln) 27. September 2016
Du bist aktuell von Subotica in Richtung Süden unterwegs und willst nach Vranje unterhalb von Niš. Im vergangenen Jahr warst Du schon einmal in Sombor. Wie sind Deine Eindrücke von der Region und der Stadt?
Martin: In der Vojvodina ehrlich gesagt etwas zwiespältig: Es ist flach und einfach zum Fahrradfahren. Ohne größere Anstrengungen. Das ist natürlich angenehm. Es kann aber auch etwas monoton werden, da sich viele Strecken entlang der Felder ziehen, ohne dass sich landschaftlich viel verändert.
Trotzdem kommst Du wieder?
Martin: Ja, man muss sich eben die etwas interessanteren Routen selbst suchen. Im vergangenen Jahr bin ich von Ost nach West durch die Vojvodina gefahren. In diesem Jahr von Norden nach Süden. Der schönste Abschnitt bleibt immer noch das Stück entlang der Donau von Apatin bis Karavukovo.
„Sombor hat einen besonderen Reiz“
Und Dein Eindruck von Sombor?
Martin: Wer von Osten und Nord-Osten kommt, der fährt länge durch eine von der Landwirtschaft geprägte Landschaft. Umso kontrastreicher ist dann die Stadt mit ihren sehr schönen Alleen. Bis zu drei oder vier Baumreihen hintereinander – das ist schon so etwas wie ein Markenzeichen. Wahrgenommen habe ich natürlich die große ausgebaute Fußgängerzone sowie die verschiedenen Kirchen, Kulturen und Baustile, die in der Stadt ihre Spuren hinterlassen haben. Das alles hat einen besonderen Reiz.
In #Stanišić. @sasa_s war bestimmt noch nicht hier (obwohl die Landschaft fast wie in der #Uckermark aussieht). pic.twitter.com/zjFKiACkit
— Martin Zeise (@Mazbln) 26. September 2016
Ich konnte Dich sogar überzeugen, noch einen Tag länger in Sombor zu bleiben…
Martin: Ja, nicht zuletzt weil ich im Sombor Blog darüber gelesen habe, möchte ich noch die Galerie Milan Konjović besuchen. Ich werde mit dem Rad auch noch einen Ausflug nach Bački Monoštor und Bezdan machen, und morgen früh hast Du mich zu einer Kanu-Tour auf dem Batschka-Kanal eingeladen. Volles Programm also.
Wie bereitest Du Deine Fahrrad-Reisen auf den Balkan vor?
Martin: Es gibt eine grobe Vorplanung, aber auch Spielraum, um sich nach dem Wetter zu richten, Menschen zu treffen oder dort etwas länger zu bleiben, wo es mir gut gefällt.
Tourismus: „Ich muss nichts reservieren“
Bis Du mit großem Gepäck auf den Rad unterwegs?
Martin: Nein, heute nicht mehr. Früher haben wir mit Freunden auch gezeltet und selbst gekocht. Da die Unterkünfte hier aber sehr günstig sind, macht es für mich keinen Sinn, jeden Tag das Zelt auf- und abzubauen. Zwei große Packtaschen am Rad reichen also.
Welche Eindrücke hast Du als Tourist von Serbien?
Martin: Die Infrastruktur ist da. Und – Belgrad mal ausgenommen – ich muss nichts reservieren, ich finde auf der Tour auch abends noch spontan eine gute Unterkunft. Verhungern muss hier natürlich auch niemand. Es ist gut, dass man die Kalorien beim Radfahren wieder abstrampelt.
Paddel-Vormittag auf dem Bački kanal bei #Sombor pic.twitter.com/OADvHPkFJE
— Martin Zeise (@Mazbln) 27. September 2016
Und die Voraussetzungen für Radfahrer?
Martin: Da würde ich mir schon einen Ausbau des Angebots wünschen – auch im wirtschaftlichen Interesse für Serbien. Es gibt den Donau-Radweg und damit hat’s sich auch. Wer als Radfahrer mehr vom Land sehen will, muss es sich selbst erarbeiten. Dabei gäbe es an der Theiß oder der Drina fantastische Möglichkeiten, wo aber leider nichts passiert. Welche wirtschaftlichen Effekte ein guter Radtourismus bringen kann, sieht man in Deutschland und Österreich. Auch das Kanalsystem zwischen Donau und Theiß, der Große Batschka-Kanal in Sombor ist ja ein Teil davon, liegt touristisch völlig brach. In Serbien bleiben im Tourismus leider viele Möglichkeiten ungenutzt.
Martin, Du bist auf Twitter und Facebook ein Sombor-Blog-Follower der ersten Stunde. Wie bist Du auf den Blog gestoßen, was gefällt Dir und was könnte besser sein?
Martin: Aufmerksam geworden bin ich auf Deinen Blog vergangenes Jahr, kurz nachdem ich in Sombor war. Das war die Zeit, als Du damit angefangen hast. Mir gefällt natürlich, dass jemand vor Ort ist und die Dinge mit den Augen eines Ausländers betrachtet und dann auf Deutsch aufschreibt. Wie hätte ich sonst von den Aktivitäten der Freiwilligen Feuerwehr Stanišić erfahren. Auch Deine Reportage vom ungarischen Grenzzaun hat mir sehr gut gefallen. Mich persönlich würden auch Einblicke in die lokale Politik interessieren. Beispielhaft ließe sich in Sombor zeigen, warum etwas in Serbien funktioniert oder eben auch nicht.
Vielen Dank für das Gespräch und Deine Anregungen. Gute Reise!

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